Altes Wissen neu umgesetzt

Altes Wissen neu umgesetzt

Der groß angelegte Fruchtfolge-Feldversuch in Otterndorf ist ein „Leuchtturmprojekt“

OTTERNDORF. Dieses Feld am Rande der B 73 fällt schon optisch aus dem Rahmen. Auf zehn nur 24 Meter schmalen und 140 Meter langen Streifen stehen nebeneinander verschiedene Früchte von Ackerbohne über Gerste bis Weizen. Was sich optisch wie ein Flickenteppich darstellt, könnte den Ackerbau ein stückweit revolutionieren. Altes Bauernwissen wird hier neu umgesetzt. Kann Pflanzenschutz- und Düngereinsatz durch eine größere Fruchtfolge reduziert werden?

Hier geht es gezielt um mehr Abwechslung auf dem Acker. Denn wenn immer dieselbe Frucht in Monokultur angebaut wird, erschöpft sich nicht nur der Boden. Auch tierische und pflanzliche Schädlinge vemehren sich leichter. In der Folge werden Nährstoffe und Wasser schlechter verwertet.

Wenn die Pflanzen krank sind, bedeutet es wiederum, dass der Landwirt mehr Mittel einsetzen muss. Man kommt gewissermaßen zu den Wurzeln zurück. Uraltes Bauernwissen blüht wieder auf: Bereits seit dem 9. Jahrhundert ist die Dreifelderwirtschaft bekannt. Die Fruchtfolge, also die zeitliche Aufeinanderfolge verschiedener Kulturpflanzen auf einem Feld, beugt der Erschöpfung der Nährstoffe im Boden vor und sie reduziert Krankheits-, Schädlings- und Unkrautdruck.

Uraltes Wissen

Das Expertenwissen unserer Urahnen ist nun Grundlage für den umfangreichen Feldversuch in Otterndorf. Neben der klassischen Dreierfolge von Winterwei- zen, Wintergerste und Winterraps wird hier eine Sieben-Fruchtfolge ausprobiert mit Winterweizen, Hafer-Winterweizen, -Mais, Ackerbohnen, Wintergerste und Winterraps. Und es erfolgt die Dokumentation. Die Hoffnungen sind groß: ökonomisch wie ökologisch. Durch die breit aufgestellten Fruchtfolgen soll der Einsatz von Pflanzenschutz – und Düngemitteln verringert werden sowie eine schonendere Bodenbearbeitung erfolgen. Und noch mehr: Es geht zusätzlich um Schutz vor witterungsbedingten Ernteausfällen durch Dürre oder Starkregenereignissen. „Wenn man breiter aufgestellt ist und mehr Kulturen hat, kann man durch unterschiedliche Ernte- und Bearbeitungszeiten die Arbeitsspitzen entzerren. Und man hat eine größere Risikostreuung beispielsweise bei Extremwetter“, geht Markus Mushardt voller Zuversicht in dieses über zunächst sieben Jahre ausgerichtete Projekt. Seine Familie stellt für diesen Feldversuch die Fläche zur Verfügung. Mit im Boot ist der Arbeitskreis Ackerbau Land Handeln sowie die Landwirtschaftskammer Hannover. Sie übernimmt das von Firmen unabhängige Monitoring. Um den Versuch aus ökonomischer Sicht auszuwerten, ermittelt sie die Erträge aller Kulturen und wertet die Statistiken aus. „Dies ist ein Leuchtturmprojekt“, ist sich Gerold Mächler, Leiter des Ackerbau-Arbeitskreises sicher. Und Kai-Hendrik Ho- wind von der Landwirtschaftskammer Hannover meint, dass dieser Feldversuch tatsächlich Strahlkraft für andere Ackerbaubetriebe in ganz Niedersachsen haben könnte. Die Betreuung des Versuches läuft über die Außenstelle Bremervörde der Landwirtschaftskammer mit Holger Oest.

Transparenz schaffen

Zusätzlich zu dem landwirtschaftlichen Erkenntnisgewinn wird bei diesem Feldversuch aber auch Öffentlichkeitsarbeit vorgenommen. So wurde die Fläche unterhalb der Umgehungsstraße in Otterndorf bewusst an dem beliebten Spazier- und Radweg ausgewählt und ein aufgestelltes Informationsschild beschreibt das mehrjährige Experiment. Auch Führungen über das Versuchsfeld sind angedacht. Nicht zuletzt geht es auch hierbei darum, Transparenz für landwirtschaftliche Prozesse zu schaffen.

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